Sitzungsprotokoll 16.11.2006
Protokollant: Nora Kessler
Logik und Syllogistik
- Grundlegend für Peirces eigenes Denken und Arbeiten ist die klassische aristotelische Logik; allerdings geht er, nicht zuletzt mit seiner Entwicklung der Abduktion, entscheidend über die aristotelische Logik hinaus. Peirce hat zu einem Paradigmenwechsel innerhalb der Logik geführt. Im Unterschied zur klassischen Logik, die eher statisch wirkt, erscheint Peirces Logik sehr dynamisch.
- Hinsichtlich seiner Auffassung zur Abduktion unterscheidet sich Peirces Frühwerk vom Spätwerk:
→Beispiel-Zitat für die Abduktion im Frühwerk:
"The surprising fact, C, is observed; But if A were true, C would be a matter of course, hence, there is a reason to suspect that A is true." (CP 5.171)
→Beispiel-Zitat für die Abduktion im Spätwerk:
"The abductive suggestion comes to us like a flash." (CP 5.181)
→Die Abduktion ist damit einerseits der Beginn des Erkenntnisprozesses und andererseits der Versuch der Erstellung einer Theorie/Hypothese.
- systematischer Durchgang der einzelnen Syllogismen am Beispiel von Nina Ort:
"Alle Mäuse sind grau"
→ Deduktion:
1. Prämisse / Regel: alle Mäuse sind grau
2. Prämisse / Fall: Tier ist eine Maus
Konklusion / Resultat: Tier ist grau
→ Man schließt von einer Regel und einem Fall auf ein Resultat; dies führt zu "All-Aussagen"
→ Induktion:
1. Prämisse / Resultat: Tier ist grau
2. Prämisse / Fall: Tier ist eine Maus
Konklusion / Regel: alle Mäuse sind grau
→ Abduktion:
1. Prämisse /Resultat: Tier ist grau
2. Prämisse / Regel: alle Mäuse sind grau
Konklusion / Fall: Tier ist eine Maus
→ D.h., die überraschende Tatsache C (Tier ist grau) wird durch die Regel A (alle Mäuse sind grau) erklärt (Tier ist eine Maus).
- Verbindung von Peirces Abduktionskonzept und seiner Kategorienlehre:
→ zunächst Erstheit: überraschendes Ereignis (reine Möglichkeit)
→Beispiel für die Erstheit der Abduktion: Kipp-Figuren (z.B. ÑSchrödingers Katzeì), Vexier-Bilder, oder wenn man in einem Zug sitzt und beim Beobachten des Nachbarzugs zunächst nicht entscheiden kann, welcher Zug fährt. Es geht also darum, dass es in entscheidendem Maße vom Beobachter abhängt, was er wahrnimmt.
→ dann Zweitheit: Versuch zu abduzieren (das Faktische)
→Die Betonung liegt hier nicht auf dem Beobachteten, sondern auf dem Beobachter, denn nur er kann "entscheiden", was er wahrnimmt; nicht die Zeichen sagen von sich aus, was für Zeichen sie sind und wie sie zu deuten sind.
→Beispiel: Ein Fremder fährt in einem exotischen Land über Bahnschienen und es "ruckelt" jedes Mal. Schließlich bringt er die seltsam erscheinenden Holzfiguren, die vor diesen Bahnschienen aufgebaut waren, mit den Bahnschienen in Verbindung und schließt, dass es sich um Warnhinweise handeln könnte.
→ schließlich Drittheit: Erstellung einer Theorie
→Überprüfung der Theorie mit Hilfe von Deduktion und Induktion
→ Das Bemerkenswerte an der Abduktion ist, dass man eine Theorie/Hypothese erstellt aufgrund von nicht objektiven Daten/ Hinweisen aus der Umwelt; es handelt sich damit um eine kreative (Eigen-)Leistung des Beobachters
→Anschlussfähig an den Konstruktivismus, der ebenfalls den Beobachterstandpunkt betont und das Beobachtete als vom Beobachter abhängig erklärt
- Hinweis von Nina Ort: abduktives Schließen in Goethes "Die Wahlverwandtschaften"
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HS: Semiotik
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