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Ein kleiner Peirce-Baukasten

Dieser Baukasten soll dazu dienen, die wesentlichen "Bausätze" der Peirceschen Semiotik überblicksartig zusammenzustellen, so dass Sie die Möglichkeit haben, sie beliebig untereinander zu kombinieren und zu erproben.

Bausatz 1: Kategorien

Die Kategorien beschreiben, wie uns oder unserem Denken überhaupt etwas gegeben sein kann.

Erstheit
Zweitheit
Drittheit
Möglichkeit, bloße Potentialität
Faktizität, Hier und Jetzt, Zwang, Kraft und Widerstand
Notwendigkeit; Regelmäßigkeit, Gewohnheit, Konvention

Was immer Gegenstand sein kann, sowohl "realer" Gegenstand als auch Gegenstand unseres Denkens, ist uns auf eine dieser drei Weisen oder durch die Kombination dieser drei Weisen gegeben. Spielen Sie in Gedanken durch, auf welche möglichen Weisen uns beispielsweise eine Tür gegeben sein kann, oder ein Verkehrszeichen, das Vorlesungsverzeichnis, Demokratie oder ein fliegendes Spaghettimonster.

Bausatz 2: Schlussfolgerungsweisen

Alles Denken ist Schließen, das heißt, das Erklären von Phänomenen oder Ideen, so dass man zu einem (befriedigenden) Ergebnis gelangt. Noch die blitzartigste Wahrnehmung ist (bei genauerer Betrachtung) Ergebnis eines Schlusses, also ein Urteil, auch wenn es uns so sehr zur alltäglichen Gewohnheit geworden ist, dass wir den Schluss nicht mehr wahrhaben.

Deduktion
Induktion
Abduktion
Schluss von Fall und Regel auf ein Resultat
Schluss von Fall und Resultat auf eine Regel
Schluss von Resultat und Regel auf einen Fall

Stellen Sie sich folgende Situationen vor - wie schlussfolgern Sie dabei?:
- Sie blicken aus dem Fenster, in diesem Augenblick schwebt majestätisch ein Spaghettimonster vorbei.
- Sie betreten im laufenden Semester um 17. Uhr c.t. einen Seminarraum; ein Dozent steht vorne an der Tafel.
- Auf dem Weg zur Uni verpassen sie knapp Ihre U-Bahn und Sie rufen: "Nicht schon wieder!"

Bausatz 3: Zeichen

Ein Zeichen ist eine genuine Triade, die aus drei Aspekten konstituiert wird: Wird die Aufmerksamkeit durch eine "Instanz" in einer gewissen Hinsicht auf einen Gegenstand gerichtet, so ist ein Zeichen konstituiert.

Objekt
Repräsenamen
Interpretant
"Gegenstand" der Aufmerksamkeit, des Denkens
"Instanz" der Aufmerksamkeit
"Instanz" einer Aufmerksamkeit den beiden ersteren gegenüber

Der Interpretant ist also ein Gedanke oder eine Denkweise als Ergebnis sich durch eine "Instanz" auf eine bestimmte Weise (motiviert) auf seinen Denkgegenstand zu beziehen.

Bausatz 4: Zeichenklassen

Die Art und Weise, wie sich das Denken durch eine Instanz dazu bringen lässt, sich unter bestimmten Hinsichten auf einen bestimmte Denkgegenstand zu beziehen, kann ganz unterschiedlich sein. Peirce schlägt verschiedene Gruppierungen als Zeichenklassen vor; die bekannteste dürfte die folgende sein:

Ikon
Index
Symbol
Ähnlichkeit
Verweis
Gesetz

Das Ikon bringt das Denken in die Lage, etwas als etwas wahrzunehmen, aufgrund einer Ähnlichkeit zwischen Repräsentamen und Objekt. Der Index zeigt oder verweist auf ein Objekt, er muss keine Ähnlichkeit mit dem Objekt haben, er lenkt jedoch gewissermaßen die Aufmerksamkeit. Das Symbol "regiert" das Denken, das sich ihm wie einem Gesetz, einer Regel oder einer Gewohnheit "beugt".

Die Zeichen oder Zeichenklassen sind keine "Dinger", sondern nichts anderes als Muster, nach denen sich unser Denken organisiert, nach denen sich unsere Aufmerksamkeit unter bestimmten Hinsichten auf bestimmte Denkgegenstände beziehen kann, wie also bestimmte Denkgegenstände konstituiert und thematisiert werden können.

Assoziationen

Unter Assoziation soll das Durchspielen verschiedener Kombinationen der einzelnen Bestandteile der "Bausätze" verstanden werden. Die folgenden Anregungen sind nur Vorschläge - fühlen Sie sich vollkommen frei beim Kombinieren und Experimentieren.

1. Versuchen Sie, Ikon, Index und Symbol mit den Kategorien zu assoziieren.

2. Erkennen Sie einen erstheitlichen Aspekt in der Schlussfolgerungsweise der Abduktion?
Erkennen Sie einen drittheitlichen Aspekt in der Schlussfolgerungsweise der Deduktion?

3. Was assoziieren Sie bei dem Bestandteil "Resultat" aus den Schlussfolgerungsweisen hinsichtlich Erstheit, Zweitheit und Drittheit?

Weitere "Bauklötze"

Im Seminar sind immer wieder verschiedene weitere Begriffe gefallen. Sie können versuchen, diese Begriffe nach Belieben mit den einzelnen Bestandteilen der "Bausätze" zu kombinieren. Denken Sie an Begriffsgruppen wie "Assoziation und Suggestion", Hypothese, Abstraktion, Repräsentation, Kontinuität, "Prämissen und Konklusion", "Überzeugung und Zweifel".
Dezidiert seien hier noch folgende Begriffe genannt:

Logik der Relationen

Die Logik der Relationen kann am Beispiel der Kategorien erläutert werden: Erstheit ist demnach etwas, das einfach so ist, wie es ist, ohne Bezug auf etwas anderes. Zweitheit ist etwas, das in Relation zu etwas anderem steht. Drittheit ist etwas, das für etwas anderes in einer gewissen Hinsicht zu einem Dritten steht.

Versuchen Sie, die Idee der Relationen mit dem Begriff des triadischen Zeichens und mit den Zeichenklassen zu assoziieren.
Können Sie insofern einen Bezug zwischen den Kategorien und den Zeichen und Zeichenklassen herstellen?

Können Sie sich einen Zusammenhang vorstelle zwischen den einzelnen Schlussfolgerungsweisen und den Kategorien?

Metapher und Metonymie

Die folgende Liste soll als Anregung für weitere Assoziationen dienen:

Metapher
Ähnlichkeit
Ikonizität
Verdichtung
Metonymie
Kontiguität
Indexikalität
Verschiebung