Nina Ort
Institut für deutsche Philologie
Ludwig-Maximilians-Universität München

Informationsbeschaffung und Recherche im Internet
Referat: Geschichte und Organisation des Internet – Teil II:
Die Visionäre

Referenten: Katharina Unger, Alexandra Bergrath, Angelika Eisner, Andrea Weidinger

Ich habe mir erlaubt, einige Kommentare (in blauer Schrift) unten an das Referat anzufügen. (Nina Ort)

Andrea Weidinger: Die WWW-Visionäre:

Bereits vor der Entwicklung der WWW gab es Ideen, um Informationen gesammelt und thematisch miteinander verbunden, bereitzustellen.

Vannevar Bush (1890 – 1974)

  • Stellte 1945 in seinem Artikel "As we may think" das Memex-System vor. (Memex = memory extender)
    – Informationen sollten nicht sequentiell (also nicht linear, wie z.B Bücher, von Anfang bis zum Ende) gelesen werden, sondern mit "Sprüngen" zwischen den Informationen.
    Ähnlichkeit mit der assoziativen Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses.
    – Grund: es war schon damals fast unmöglich, die riesige Menge der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu einem bestimmten Thema lesen zu können.
    – Lösung: die Vernetzung von Informationen.
  • Wie funktioniert Memex?
    – Bush's Memex-System basierte auf Mikrofilmen. (damals die beste Technologie zur Speicherung). Die Mikrofilme sollten in einem Schreibtisch mit Tastatur und Lesegerät gelagert werden. Zusätzlich sollte die Möglichkeit bestehen, handschriftliche Notizen, Bilder etc. in die Sammlung zu integrieren. Benutzer könnten durch Knöpfe am Arbeitsplatz eine Auswahl an Mikrofilmen treffen. Bush entwickelt Informationspfaden ( trails) die der Benutzer aufgrund seiner Assoziationen anlegen sollte.
    – Diese Trails waren im Prinzip nichts anderes als die heutigen Hyperlinks.

Bush's Arbeiten waren jedoch rein theoretischer Natur. Memex wurde nie tatsächlich gebaut. Die Grundkonzeption wurde jedoch Jahre später aufgegriffen und auf den Computer übertragen.

Ted Nelson

  • Prägte den Begriff Hypertext. Es ist ein nicht-sequentieller Text.
    Texte wurden in mehrere Abschnitte gegliedert ,wobei man nach jedem eines Abschnitts Verzweigungsmöglichkeiten zu weiteren Textteilen hatte.
    Hyperlinks: Die Stellen eines Hypertextes, die auf andere Texte oder Textstellen verweisen.
  • Vision: die Verwaltung des gesamten Weltwissens über ein riesiges, computerunterstütztes Begriffsnetz.
  • Er entwickelt das Konzept eines universellen Hypertextes, der sämtliche Informationsquellen für alle Bürger verfügbar machen sollte.
  • XANADU – Der Name dieses Hyperarchivs
    Über Workstations und leistungsfähige PCs ist der Online-Zugriff auf den Xanadu-Informationsbestand seit 1989/90 möglich.
    Der Online-Zugriff auf den Informationsbestand ist kostenpflichtig. Autoren erhalten - computergesteuert - Tantiemen, wenn ihre Daten von anderen Benutzern über Verweise aufgerufen werden. Auf diese Weise kann jeder Benutzer zum Autor werden, und jeder Autor ist immer auch Benutzer. "Xanadu" hält ferner Werkzeuge zur Versionenkontrolle von Dokumenten bereit. Es bereitet die gespeicherten Daten für den Endbenutzer jedoch nicht selbst auf. Dazu ist eine "Front-End-Browsing-Software" nötig, die für die Bildschirmausgaben sorgt, die Verweise ausführt usw.

Damit hat Ted Nelson die Technologie des World Wide Web schon 25 Jahre vor dessen Entstehen vorweggenommen, und seine Konzepte sind zum Teil ausgereifter (z.B. das Tantiemensystem oder die Dokument-Versionenkontrolle).

Douglas C. Engelbart

  • Douglas C. Engelbart, ein Radar Techniker, der von Vannevar Bushs Ideen fasziniert war und beschloss, ein Computerprogramm zu schreiben, dass die "Menschliche Intelligenz vermehren" sollte.
  • 1962 wurde das Projekt mit dem Namen "Augmentation System" (AUGMENT) gestartet.
  • Ältestes Hypertext-System: 1968 stellte Engelbart das sog oN-Line System (NLS), dass eine Datenbank war, die in der Lage war, Textdateien hierarchisch oder netzartig zu verknüpfen. Das NLS hatte große Gemeinsamkeiten mit heutigen WWW- Seiten
  • Um die Links auf einfache Weise aktivieren zu können, entwickelte Engelbart ein neues Eingabemedium, die Maus.
    Das NLS war nur ein Teil des AUGMENT-Projektes. Dieses sollte Leuten helfen, die in großen Gruppen zusammenarbeiten, ihre Arbeit untereinander zu koordinieren. Dazu gehörten, neben NLS, auch noch Fähigkeiten wie elektronische Post (e-Mail) und Videokonferenzen
  • AUGMENT wurde kein kommerzieller Erfolg, da zu teuer
  • Engelbarts Bedeutung für die Geschichte von Hypertext besteht vor allem in seiner Erkenntnis, dass Hypertext an visuell attraktive Darstellungstechniken und ergonomische Interaktionsformen gebunden ist.

Qellen aus dem Internet:


Katharina Unger: Die Geschichte des WWW

(1) Geschichte des World Wide Web

  • Die Entwicklung des WWW begann 1989 am Europäischen Kernforschungsinstitut (CERN) in Bern
  • 1992 machte das CERN eine Benutzerschnittstelle frei verfügbar.
  • Das National Center for Supercomputer Applications (NCSA) an der University of Illinois war entscheidend an der Weiterentwicklung beteiligt
    (z.B. Web-Browser Mosaic)
  • Durch den enormen Erfolg des WWW entstand das W3-Consortium (W3C), welches, industriell finanziert, die Weiterentwicklung fördern sollte
    (Spezifikationen, Referenzsoftware). www.w3.org/People

(2) Wozu dient das WWW?

Ursprünglich war das WWW zum Austausch wissenschaftlicher Dokumente gedacht;
Heute wird es auf vielfältige private und geschäftliche Art genutzt:
beispielsweise:

  • Universitäten präsentieren ihr Lehrangebot und ihre Forschung
  • Firmen werben im WWW, Einkaufmöglichkeiten werden angeboten
  • Städte und Regionen stellen sich den Touristen vor, virtuelle Museen und Ausstellungen können besucht werden
  • Es gibt elektronische Zeitschriften und Magazine
  • Man findet Informationen zu (fast) allen Themen; Lehrreiches, Unterhaltsames aus allen Bereichen und aller Welt.

(3) Konzepte des WWW:

  • Querverweise
  • Hervorgehobene Worte und Bilder, die Dokumente oder Abbildungen referenzieren (Hyperlinks)
  • URL; Bsp. Für ein URL: http://www.server.de/verzeichnis
  • Querverweis besteht aus zwei Komponenten, einem Anker und dem Universal Resource Locator, welcher beschreibt, was beim Aktivieren des Hyperlinks zu tun ist
  • HTTP

(4) Tim Berners-Lee:

  • gebürtiger Brite
  • in den 80ziger bis 90ziger Jahren Informatiker am Genfer Hochenergieforschungszentrum CERN
  • Berners-Lee beschreibt in seinem Buch: Weaving the Web, wie er am CERN in den 80ziger Jahren ein selbst geschriebenes Programm als Produktivitäts-Tool nutzte. Dieses Programm das er Enquire nannte (zu deutsch: sich erkundigen) hatte er in Pascal geschrieben. Enquire war ein Hypertext-Programm.
    Mit diesem Programm konnte man Textdateien editieren, die in nodes (Knoten) unterteilt waren. Ein Knoten konnte alles sein: Adressen, Gesprächsnotizen, spontane Ideen, Erlebnisse oder auch Arbeitsergebnisse.
    Zu jedem Knoten gab es eine zugehörige Liste mit Links zu anderen Knoten.
  • Ende 1988 entschloss sich Berners-Lee aus der Weiterentwicklung von Enquire ein Computerübergreifendes System zu entwickeln. Unterstützt und forciert wurde er bei diesem Projekt von dem Fachmann Ben Segal und von seinem alten Bekannten Robert Cailliau.
  • 1990 schließlich erhielt das Projekt seinen endgültigen Namen: World Wide Web
  • Im Herbst 1990 schrieb Berners-Lee eigenhändig die erste Version der drei Säulen seines Konzeptes:

    1) die Spezifikation für Kommunikation zwischen Web-Client und Web-Servern- das so genannte HTTP-Protokoll (http= Hypertext Transfer Protocol)

    2) die Spezifikation für die Adressierung beliebiger Dateien und Datenquellen im Web und im übrigen Internet- das Schema der sog. URIs
    (URI=Universal Resource Identifier, universeller Quellenbezeichner).

    3) die Spezifikation einer Auszeichnungssprache für Web-dokumente, der Berners-Lee den Namen HTML gab (HTML=Hypertext Markup Language, Hypertext Auszeichnungssprache).
  • Berners-Lee schrieb auch die erste Web-Server-Software. Der Rechner, auf dem diese Software installiert wurde, war unter dem Namen info.cern.ch erreichbar.
  • An Weihnachten 1990 stellte er die ersten in HTML geschriebenen Web-Seiten der Welt zur Verfügung. Seine Ideen wichen dabei ursprünglich durchaus von dem ab, was schließlich aus dem Web wurde. Beispielsweise waren die Web-Seiten zu dieser Zeit online editierbar, d.h. der Web-Seiten- Besucher konnte den Text fortschreiben.
  • Auf der internationalen Hypertextkonferenz 1991 stellen Berners-Lee und seine Projektmitstreiter ihr Projekt vor. Kontakte zu anderen Programmierern entstanden und so kam es zur Verwirklichung der ersten Web-Browser. Die Verfügbarkeit dieser Browser ermöglichte den übrigen Usern den Zugang zu den Web-Seiten.


Angelika Eisner: Das Hypertextdokument

"Hyper" ist eine griechische Vorsilbe und bedeutet eigentlich "viel zu viel".
Mit Hypertext wird ein System von Texten und anderen Dokumenten, Datenbanken, Grafiken, Bildern, Tönen, Videos usw. bezeichnet, das in einem Dokument oder zwischen mehreren Dokumenten ein hierarchisches System von Verweisen einführt. Der Hypertext beinhaltet in der Praxis vor allem die Fähigkeit, mehrere Dokumente miteinander zu verbinden. Wenn man nun nähere Informationen zu einem bestimmten Thema möchte, so kann man einen Hyperlink anklicken und verzweigt so zu einem anderen Dokument mit dieser Information. Meist wird das Aktivieren des Verweises durch das Klicken mit der Maus bewerkstelligt. Diese internen Querverweise ermöglichen es so, ohne den gesamten Text lesen zu müssen, schnell zu weiteren Informationen zu verzweigen und wieder zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen.
Das bekannteste Hypertext-Dokument unserer Zeit ist wahrscheinlich gerade die ENCARTA von Microsoft.
Wichtig für den Hypertext ist auch die Hypertext Markup Language (HTML). Sie ist eine "Markierungs-Sprache", unter der Inhalte abgespeichert werden. Browser, spezielle Anwendungsprogramme können diese HTML-Texte lesen.
Das ursprüngliche Endziel ist dabei also die Verwaltung des gesamten Weltwissens über ein riesiges Computernetz.

HTML (Hypertext Markup Language) = Die Codierungssprache, mit der Hypertextdokumente oder Web-Seiten erstellt werden. Wenn man mit dem Web-Browser auf eine URL zugreift, interpretiert der Browser die in der Seite integrierten HTML-Befehle und verwendet sie zur Formatierung der Text- und Grafikelemente der Seite. HTML-Befehle decken eine Vielzahl von Textformatierungen ab und bieten auch die Möglichkeit, Grafik- und andere Nicht-Text-Elemente einzubinden.

HTTP (Hypertext Transfer Protocol) = Das für die Übertragung und den empfang aller Daten über das WWW verwendete Protokoll.

HYPERLINK = Unterstrichene Wörter oder Wortgruppen, die man in einem Web-Dokument anklickt, um zu einem anderen Screen oder zu einer anderen Seite zu wechseln. Hyperlinks enthalten HTML-codierte Verweise auf andere Web-Seiten, zu denen der Browser dann springt.

HYPERLINK oder HYPERTEXT = Eine Möglichkeit, über die man in Web-Sites oder ähnlichen Umgebungen von einer Seite direkt zu einer anderen 'springen' kann. Ein Hyperlink ist häufig durch eine andere Farbe und/oder eine Unterstreichung gekennzeichnet.

HYPERMEDIEN = Integrieren Text, Bilder, Videoaufnahmen und Klangdaten in Dokumente und verknüpfen sie auf interaktive Weise.

HYPERTEXTDOKUMENT = Jedes Dokument, das einen Hyperlink als Verweis auf ein anderes Dokument enthält.

Einige allgemeine Anmerkungen zur Entwicklung der Internet-Ideen:

  • Das Internet und seine verschiedenen Dienste ist nicht "aus einem Guss". Verschiedene Visionäre entwickelten unter verschiedenen Umständen und mit divergierenden Zielen Möglichkeiten der Verbesserung von Informationsbeschaffung, -bereithaltung, und -distribution.
  • Enstprechend viele Programme und "features" entstanden nicht unbedingt so geplant, sondern zufällig, nebenbei, wurden zweckentfremdet etc.
  • Die explosionsartige Steigerung der Nutzung des Internet und des WWW durch die Entwicklung graphischer Benutzeroberflächen, graphischer Browser und HTML machten eine Organisation des Internet erst dringend notwendig.
  • Die technischen Standards, die laufend weiterentwickelt werden, beruhen in den meisten Bereichen nur auf Empfehlungen – beispielsweise für die Auszeichnungssprache HTML, oder etwa für das Vergabesystem von Top Level Domains (TLDs).
  • Daher entstanden erst im Laufe der 90er Jahre Organisationen wie ICANN (zuständig für TLDs), das W3C (siehe oben), oder die ISOC (Internet Society: zuständig für Koordination und Weiterentwicklung technischer aber auch politischer Aspekte des Internet. Die meisten Standards werden von der IETF (Internet Engineering Task Force) entwickelt, die aus etwa 130 Arbeitsgruppen innerhalb der ISOC besteht.).
  • Es gibt keine zentrale Verwaltung des Internet. Im Grunde kann sich jeder in diesen Kooperationen und Interessenverbänden für die Zukunft und Organisation des Internet engagieren.
  • So, wie die historische Entwicklung des Internet anarchisch und heterogen verlief, so verlief auch die Legendenbildung um die einzelnen Entwickler und Visionäre. Auf die Fragen, wer denn nun was genau erfunden habe, werden Sie aus den verschiedenen Gruppierungen stets auch unterschiedliche Angaben erhalten.Es ist also anzuraten, auch die in diesen Referaten gemachten Angaben, durch verschiedene weitere Quellen zu überprüfen.

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